Beate Gütschow
I#7
2009
Lightbox
121 x 151 cm

© Beate Gütschow, VG-Bildkunst, Bonn 2016

I

Opening
28 Jan 2010, 6-9 pm
 

In ihrer aktuellen Ausstellung bei der Produzentengalerie Hamburg zeigt Beate Gütschow ihre neue Serie I. Dabei handelt es sich um Fotografien von Innenräumen (I steht für Innenraum oder Interior), deren Aufnahmen in Leuchtkästen präsentiert werden. Auf den Fotografien ist eine eigenartige Ordnung der Dinge zu sehen: Eine Autobatterie ist auf einer Küchenarbeitsplatte abgestellt, an der dahinterliegenden Wand hängen zwei gelbe Seilstümpfe. Ein Bürostuhl und ein Gesundheitsstuhl werden von einer flächigen Neonlampe, wie man sie zum Abmustern von Druckvorlagen benutzt, fahl von oben beleuchtet. Eine Stereoanlage aus den 80er Jahren steht auf einem dunklen, schweren Teppich, davor liegen zwei säuberlich gefaltete Laken auf dem Boden. Das Licht, welches scharf von der Seite einfällt, hat seinen Ursprung in einem von Streifen durchbrochenen Display. Beate Gütschow baut die Innenräume in ihrem Studio auf und fotografiert sie ab. Dabei nutzt sie fotografische Techniken, die aus der Produktfotografie stammen: Die Künstlerin ordnet die Gegenstände sorgfältig an, arbeitet die Oberflächenbeschaffenheit eines Objektes mit gebündeltem Seitenlicht heraus, nutzt Spiegelungen und setzt bewusst Lichtreflexionen ein. Der Raum wird in manchen Bildern sorgfältig ausgeleuchtet, in anderen blendet der dunkle,
fast monochrome Hintergrund alle störenden Details aus. Das Zusammenfügen einzelner Fragmente, die Montage, findet also, anders als bei den früheren Werkgruppen, vor der Kamera statt.

Bei ihren neuen Arbeiten geht es Beate Gütschow um die Bedeutung, die den Dingen durch ihre Handhabung im Bild zuteil wird: Sie sind merkwürdig ins Licht gerückt und werden durch die Inszenierung Träger von disparaten Assoziationen, die man – für sich genommen betrachtet – nicht auf den ersten Blick mit ihnen in Verbindung bringen würde. Die Inszenierung selbst ist in einigen Bildern deutlich sichtbar: So entpuppt sich ein schwarzer Hintergrund als eine gemalte Fläche, oberhalb derer ein Stück nackte weisse (Studio-) Wand zu sehen ist. Ebenso werden mit einem bestimmten Lebensgefühl und Zeitgeist ehemals in Verbindung stehende Gegenstände, die eben noch als Design-Ikonen und Identifikations-objekte einer ganzen Generation galten, plötzlich als profane Gegenstände sichtbar.
Während in der Food-Photography oft Attrappen von Lebensmitteln statt echtem Essen fotografiert werden, die die vermeintlichen Speisen auf dem Foto noch realistischer aussehen lassen sollen als das tatsächliche Vorbild der verzehrbaren Ware, verhält es sich mit den Arbeiten von Beate Gütschow genau andersherum: Das, was authentisch ist, (und übrigens auch Gebrauchsspuren aufweist), wird so sehr fotografisch präpariert, dass es nun merkwürdig
künstlich wirkt.

Text: Friederike Schönhut