A.G.C.T.
04 Sep 2010, 6 – 9 pm
DE
Der Ausstellungstitel A.G.C.T. bezieht sich auf die Anfangsbuchstaben der vier Grundbausteine des DNA Moleküls: Adenin, Cytosin, Guanin, und Thymin. Indem diese Basen Paarungen miteinander eingehen bilden sie zwei komplementäre DNA-Ketten, die die Struktur einer Doppelhelix besitzt. Für Scheibitz, der die strikte Trennung der Genre ablehnt, ist die kettenförmige DNA Struktur eine gelungene Metapher für das Zusammenspiel von Malerei und Skulptur, die einander ergänzen und eine neue unlösbare Struktur bilden.
Oszillierten Scheibitz malerische Arbeiten immer zwischen dem Gegenständlichen und dem Abstrakten, so tendieren die hier ausgestellten neuen Arbeiten der GP-Serie eindeutig zum Figurativen. Die geometrischen Grundformen stehen im Mittelpunkt. In einem aktuellen Interview erklärt Scheibitz, warum ihm diese Formen so wichtig sind: „Ich beschäftige mich mit den Grundformen, aus denen unsere physische Welt gemacht ist, die man ebenfalls als Denkformen nach Sokrates bezeichnen könnte. Es ist eben genau die Summe der Mittel, die ich brauche, um mich im Gegenständlichen oder Figürlichen aufhalten zu können, ohne realistisch sein zu müssen.“
Die ausgestellten Skulpturen fallen durch ihre Materialbeschaffenheit auf. Sie sind das Ergebnis einer langen Reihe von Experimenten mit Oberflächenbeschichtungen. Die Skulpturen Grill, Modell“ und „Verstärker“ (alle 2009) sind mit verschiedenen Beschichtungen wie Eisen, Chrom und Steingranulat versehen worden. Sie spielen mit unseren Wahrnehmungsgewohnheiten, hinterfragen unsere Erfahrungswerte und fordern zu einer genauen Betrachtung der Realität auf. Methodologisch gesehen folgt Scheibitz dem Mechanismus von Surrogaten: ein Material imitiert ein anderes. Hier aber hört die Analogie auf, denn während die Funktionsweise von Ersatzstoffen darauf beruht, dass ein weniger wertvolles Material, z.B. Plastik oder Linoleum, ein hochwertiges, wie z.B. Holz, Metall oder Marmor, imitiert, sperren sich die Arbeiten von Scheibitz jeglicher Materialbewertung. Stattdessen hebeln sie traditionelle Werkstoffhierarchien aus. Die metallische Oberfläche verdeckt den darunter liegenden Holzkörper; keines der Materialien versucht die Gestalt eines anderen anzunehmen, noch gibt es vor, ein anderes zu sein. Indem Scheibitz die wahre Identität des Materials verschleiert, werden Erwartungen zunichte gemacht und der Betrachter wird auf den Bruch zwischen Erscheinung und Realität gestoßen.
Die gleiche Strategie findet sich in den von Scheibitz inszenierten Interventionen des Galerieraumes. Eine tragende Eisensäule verschwindet hinter einer weißen Verkleidung. Dieser Eingriff verändert allerdings nicht nur unsere visuelle Wahrnehmung, sondern auch unsere körperliche Erfahrung im Raum. Die Verkleidung macht uns bewusst, was nicht präsent ist.
Der zur Ausstellung erscheinende Katalog beinhaltete nicht wie üblich die Abbildungen der aktuellen künstlerischen Produktion, sondern Fotografien, die innerhalb und außerhalb des Ateliers entstanden sind und dem Künstler als „Bildgedächtnis“ von großem Wert sind. Mit einem kurzen, von ihm verfassten Vorwort, gestattet Scheibitz einen Einblick in seinen kreativen und assoziativen Denkprozess.
ENG
The exhibition title A.G.C.T. refers to the beginning four letters DNA’s base structure: Adenin, Cytosin, Guanin, and Thymin. These base structures pair up to build two complimentary chains of DNA, the form of the double-helix. For Scheibitz, who has always avoided the strict delineation of artistic mediums and processes, the chain-form DNA structure is a fitting metaphor for the interplay between the artistic materials of painting and sculpture, which join together in his work to form a new and insoluble structure.
Scheibitz’s work oscillates between the representational and abstract, but the new GP series tends more towards the representational, and specifically, figurative. But the basic building-block geometric forms remain in the middle. In a recent interview, Scheibitz explains why these forms are so important: “I am working with the basic forms that make up our physical world, which one could also point to as the basic forms of thought, as Socrates did. They are the all basic building blocks I need to remain in the realm of the representational and figurative without having to be realistic.”
The sculptures exhibited here call attention to themselves for their strange materiality. They are the result of a long line of experimentation with surface layer and modifications. The sculpture “Grill”, “Modell,” and “Verstärker” (all 2009), for example, are made of wood but covered with iron, chrome, stone granulat respectively. This disjunction plays with the viewer’s perceptual habits, challenging the credibility of his experience and urging a closer look at what is before him. Seen procedurally, Scheibitz’s work here can be seen to follow the algorithm of surrogates: one material imitates another. But the analogy stops there, for where surrogates demands that a lower material, such as plastic or linoleum, imitate another material of higher value, such as wood, metal, or marble, Scheibitz’s work empties the formula entirely of material valuation. Instead, his sculptures are about evening out the hierarchy of disguise. The metal surface covers a wood body; neither tries to look like the other or pretend it is other than what it is. Rather, it leads the viewer into a simple yet stunning perceptual break between appearance and reality. Expectations are foiled; what we see is not what is; Scheibitz disguises a thing’s honest materiality.
The same strategy can be found in his intervention in the gallery space. A supporting beam disappears behind a constructed white covering. This changes not only our visual perception, but also our bodily experience of the space. Somehow the disappearance of the beam makes us aware of what is not present by simply hiding what was.
The accompanying catalogue does not contain, as normal, new photos of new sculptures and paintings. Rather it shows photographs from the inside and outside the artist’s studio—images important to Scheibitz that form a sort of visual memory his creative process. The short preface by Scheibitz himself reveals a bit about his artistic process.