Exhibition view Simsalabim
Produzentengalerie Hamburg, 2014

Simsalabim

Opening
31 Jan 2014, 6 – 9 pm
 

In unserem Berliner Projektraum, ph-projects, zeigen wir aktuell Werke der Künstler Achim Bertenburg, Heinrich Modersohn und Norbert Prangenberg, die sich auf unterschiedlichen Feldern der Abstraktion bewegen. Aus diesem Anlass möchten wir Ihnen mit der Ausstellung Simsalabim jeweils experimentelle Werkansätze aus den unterschiedlichen Phasen ihrer künstlerischen Biographie vorstellen. Simsalabim bezieht sich auf die Form der überraschende Kontrastierung so noch gänzlich unbekannter Werktypen.

In der Kunstgeschichte wird die Begrifflichkeit der Abstraktion kontrovers diskutiert. Was heißt es, wenn Künstler sich dieser Formulierung der Kunst zuwenden? Fordern sie damit eine Abkehr von der realistischen, figurativen Kunst, eine ästhetische Flucht in Farbräume, oder vermitteln sie damit einen Gegenentwurf zur Figuration als eine Erneuerung der Kunst durch eine utopische Qualität? Wir freuen uns mit dieser Gruppenausstellung drei Positionen der aktuellen Abstraktion vorstellen zu dürfen. Die drei Künstler Achim Bertenburg, Heinrich Modersohn und Norbert Prangenberg bewegen sich mit ihrer Malerei auf unterschiedlichen Feldern der Abstraktion. Die Ortlosigkeit beinhaltet frei erfundene und auch abstrahierte (d.h. von etwas Realem abgeleitete) Formen. Dabei geht es auch um das Abstrahieren, d.h. reduzieren von etwas, um zu einer allgemeinen Form zu kommen – das Spiel mit den Dimensionen, Schichten, Räumen, Natur und dem Material.

Achim Bertenburgs Auseinandersetzung mit der künstlerischen Überlieferung vollzieht sich direkt auf der Leinwand. Er erforscht und bildet Strukturen, setzt Raster als Impulse und Ankerpunkte der Komposition. Mit und zwischen ihnen inszeniert er ein dynamisches vielschichtiges Wechselspiel. Verschiedene Motive und formale Elemente reiben sich aneinander und spielen zusammen: gestische Momente, eine tonreiche farbliche Binnenstaffelung der Fläche, ornamentale Kürzel, Nachklänge von Landschaft und insbesondere die Energie organischer Wachstumsprozesse. Bertenburg siedelt seine Malerei häufig von Unschärfen durchmischt, vorzugsweise in Zwischenbereichen und Übergangsstadien an. Zwischen Körperlichkeit und Immaterialität, zwischen Verweisen auf das Angebot der Malereigeschichte und dessen steter Fortschreibung und Überlagerung gewinnen seine Bilder eine atmosphärisch dichte sogkräftige Gestalt. Ein großformatiges Bild der aktuellen Schaffensphase wird einer Figurstudie gegenübergestellt, die in dieser Form noch nicht zu sehen war und in besonderer Weise auf die hohe technische und handwerkliche Meisterschaft Bertenburgs verweist, der an der Hochschule für Künste in Bremen Lehrbeauftragter für figurative Malerei und Maltechnik ist. Seine letzte Einzelausstellung in der Produzentengalerie Hamburg mit dem Titel  wissen-glauben und die Ausstellung Achim Bertenburg und Eugène Carriere: Begegnung in der Galerie in der Kunsthalle Bremen waren ein großer Erfolg.

Farbkörper schweben im Raum oder liegen auf der Fläche, überlappen oder verschränken sich. Die Bildebenen bei Heinrich Modersohn sind nicht eindeutig und voneinander getrennt auszumachen, sie verharren in einem Wechselspiel. Die Staffelung eines in sich schlüssigen Raumes ist nicht erkennbar. Der Betrachter trifft auf eine sinnlich, atmosphärisch aufgeladene Ortlosigkeit, in der bei näherer Betrachtung das malerische Ereignis immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Der Blick bleibt haften an den Farbklängen und Formgebilden, schweift über die Ebene der Komposition und durch eine imaginäre Räumlichkeit, ist somit bei Tektonik und Textur, in reiner Malerei angelangt.
Die hier gezeigten experimentellen Fotografien beschäftigen Modersohn schon seit dem Beginn seines Kunststudiums und stellen einen besonderen Schwerpunkt innerhalb seines künstlerischen Schaffens dar.  Nicht gleichbedeutend der Malerei, sondern vielmehr ergänzend zur ihr in der Form-, Struktur- und Kompositionsfindung. In der Ausstellung wird ein Panorama seines mehr als 40-jährigem fotografischen Schaffen seiner malerischen Position gegenübergestellt.

Im Werk von Norbert Prangenberg stehen Zeichnung, Druckgraphik, Malerei und Skulptur gleichberechtigt nebeneinander. Aus einem Formvokabular von Kubus, Kugel, Oval, Dreieck, Kreis, Raute, Winkel, Stern und Linie wuchs über Jahrzehnte ein eigenständiger bildnerischer Kosmos in einer beständigen Auseinandersetzung mit Form, Farbe und Struktur. Seit 2005 widmete sich Norbert Prangenberg neben fast ausschließlich kleinformatiger Malerei auf unterschiedlichsten Bildträgern.Gleichzeitig spielt für Ihn die Gegenüberstellung der Malerei der Erzählung in der Literatur eine bedeutende Rolle. Zahlreiche Geschichten und Erzählungen wurden durch seine malerische und druckgraphische Arbeit begleitet. Noch kurz vor seinem Tod 2012 erarbeitete er in Zusammenarbeit mit den Autor Rolf Steiner ein Buchprojekt – seine letzten Werke auf Papier. Wir zeigen in der Ausstellung vier kleinformatige Werke in Öl auf Holz, die einem ungewöhnlichen Buchprojekt gegenübergestellt werden, einem italienischen Kochbuch, dessen Rezepte er mit Lithographien illustrierte. Ein wichtiger Werkkomplex Prangenbergs ist gerade von der Pinakothek der Moderne in München erworben worden und wird im Frühjahr 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt. Zudem wird eine Auswahl der keramischen Arbeiten in der Ausstellung Keramische Räume. Lucio Fontana, Norbert Prangenberg, Thomas Schütte, Rosemarie Trockel, Markus Karstieß im Museum Morsbroich vom 25.05.14 bis zum  31.8.2014 zu sehen sein.