Temporary Exhibition Space Produzentengalerie Hamburg Alter Wall

Skulptur

Opening
01 Sep 2019, 12 am - 6 pm
 

Artists

Ulla von Brandenburg
Bogomir Ecker
Ceal Floyer
Anna Grath
Erika Hock
Richard Long
Manfred Pernice
Thomas Scheibitz
Nicole Wermers

Skulptur
In der zweiten Ausstellung der Produzentengalerie Hamburg in ihrem temporären Ausstellungsraum am Alten Wall begegnen ausgewählte skulpturale Objekte dreier Künstlergenerationen der Ortsspezifik der unfertigen und noch nicht definierten Räumlichkeit.
Die gezeigten Werke bestehen überwiegend aus einfachen, trivialen Materialien wie u.a. Metall, Holz, Schaumstoff, Textil, Papier sowie Alltagsgegenständen,

Die Bodenarbeit Circle of Memory Sticks (1995) von Richard Long besteht aus einer Ring-Anordnung von möglichst ebenmäßigen bei Wanderschaften des Künstlers gefundenen und gesammelten Holzstäben. Sie können als zentrierende Markierungszeichen sowohl für die äußere als auch innere Bewegung gedeutet werden, jeder einzelne Stab steht hierbei für eine Erinnerung.
Die Präsentation dieser Arbeit nimmt außerdem Bezug zu Longs Beitrag für die wegweisende Hamburger Ausstellung Halle 6 im Jahr 1982. Damals wurden Werke führender Konzeptkünstler und Bildhauer wie Sol LeWitt, Carl Andre und Franz Erhard Walther Werken einer Gruppe von (damals) jüngeren Künstlern gegenübergestellt, u.a. Thomas Schütte, Bogomir Ecker, Astrid Klein und Klaus Kumrow.
Auch die aktuelle „Intervention“ im temporären Ausstellungsraum der Produzentengalerie Hamburg am Alten Wall wird wiederum von drei Generationen von Bildhauern bestimmt.
Die bildhauerische Auseinandersetzung mit Wahrnehmungs- und Akustikphänomenen bildet eine zentrale Stellung im Werk Bogomir Eckers. In der aktuellen Ausstellung ist er mit zwei Werkserien vertreten: eine Gruppe von schwarz gefärbten amorphen Aluminiumabgüssen auf Stativen erinnert an verformten Akustikschaumstoff als Ausgangsmaterial.
Ergänzend verkleidet Ecker die freiliegenden roten Rohrleitungen an der Decke des Ausstellungsraumes mit gelben Akustikschaumstoffelementen – exakt jenes Ausgangsmaterial der zuvor genannten Abgüsse, das ursprünglich der Schallschlucktechnik aus dem Akustik-Bereich entstammt. In diesem Zusammenhang sei an die Tropfsteinmaschine (1996–2496) in der
Hamburger Kunsthalle und an die (mithörenden) roten Ohren im “Jenischpark 1987“ erinnert.
Die Wandinstallation Ring (2003) von Thomas Scheibitz, die ursprünglich mit einer Wandöffnung konzipiert ist, reagiert in ihrer bestehenden provisorischen Materialität auf die unfertige Raumsituation im Alten Wall. Formal in kreisförmiger Anordnung und mit entsprechend applizierten Elementen wie Aluminiumstäben, Stoff- und Kunststoff-Elementen weist sie auf die Umrahmung der einstigen Öffnung hin.

Von Manfred Pernice sind drei Skulpturen zu sehen, die der Künstler Dosen (2000-2019) nennt. Sie entstammen einer Werkgruppe von kompakten Säulen, die in vorherigen Präsentationen meistens auf Augenhöhe mit Foto- bzw. Textmontagen oder auch kleinen Skulpturen bzw. Fundstücken bestückt wurden. Einfache Holzlatten und simple Farbanstriche zeichnen diese Sockelskulpturen ganz in der Tradition der Arte Povera aus.

Ulla von Brandenburg zeigt ein an die Wand gelehntes Bänderobjekt aus Metall und Stoffschnüren Zwei Beine, fünf Schnüre (2015).
Das Band bzw. die Schnüre sind ein wiederkehrendes zentrales Motiv in dem komplexen künstlerischen Schaffen von Brandenburgs. Das Band bzw. die Schnur kann als vielschichtige Metapher für Beziehungen und Verbindungen verstanden werden, beginnend beim Ariadnefaden der griechischen Mythologie bis zum barocken Symbol, das der Verbindung zweier Welten – dem Diesseits und dem Jenseits – diente.

Die minimalistische Arbeit Mousehole (1994) von Ceal Floyer besteht aus einem DIN A4 Schwarz Weiß Injekt Print, der vom Boden aus an die Wand gelehnt wurde. Auf ihre gewohnt humorvolle Weise verführt die Künstlerin den Betrachter mit einer subtilen optischen Illusion, in dem sie das abgebildete ursprünglich dreidimensionale Objekt in den zweidimensionalen Bildraum überführt.

Der im Umbau begriffene, unfertige und weitgehend provisorische Ausstellungsraum am Alten Wall wird von einer frühen Arbeit von Nicole Wermers (Vacant Shop, 2001) sehr anschaulich und gleichzeitig ironisch als „nicht fertig“ in einer Modellsituation im kleinen Maßstab zitiert. Das Raumobjekt bietet dem Betrachter einen Einblick von oben aus der Vogelperspektive und zeigt Dekorationselemente und Wandgestaltungen im Ab- bzw. Umbau begriffen. Weitere Deutungen überlässt Nicole Wermers dem Betrachter. Aus dieser Werkgruppe befindet sich eine zentrale Arbeit im Besitz des MMK, Frankfurt.

Das Lampenobjekt Untitled (2014) von Erika Hock weist eine formale und materiale Zughörigkeit zu einer Leuchtengestaltung auf. Das Arrangement des gebogenen zweifarbigen Stahlrohrs mit einem Leuchtkörper jeweils am Ende und Anfang sowie das geschlängelte Stromkabel irritieren den Betrachter und seine Sehgewohnheiten, denn die vermeintlich zweiteilige Skulptur und deren Standelemente sind miteinander zu einer Skulptur verknüpft.

Als Stipendiatin der letzten Ausgabe von Neue Kunst in Hamburg zeigt Anna Grath zwei Wandobjekte bestehend aus Materialverknüpfungen und integrierten Fundstücken. Auf subtile Weise verbindet sie diese zu sehr ästhetischen und haptischen Objekten, denen eine jeweils eigene Persönlichkeit zugrunde liegend scheint. Entsprechende Titel wie Elm (2014) und Jolum (2015) verdeutlichen diese Annahme eines individuellen Charakters und vermitteln mögliche Geschichten, die sich aus den zumeist technischen Hilfsmaterialien als Assoziationshinweise ergeben.