Ulla von Brandenburg
C, Ü, I, T, H, E, A, K, O, G, N, B, D, F, R, M, P, L
2017
Filmstill

C, Ü, I, T, H, E, A, K, O, G, N, B, D, F, R, M, P, L

Opening
08 Nov 2018, 6–9 PM
 

Wir freuen uns mit C,Ü,I,T,H,E,A,K,O,G,N,B,D,F,R,M,P,L die vierte Einzelausstellung von Ulla von Brandenburg in der Produzentengalerie Hamburg zu zeigen. Hierfür hat die Künstlerin den Galerieraum in eine Gesamtinstallation aus Textil, Film und Arbeiten auf Papier verwandelt.

Mit Betreten des Galerieraums befindet sich der Besucher in einem gleichsam unbekannten wie zeitlich nicht verortbaren Raum – einem verkleideten White Cube. Dies geschieht, ohne dass der Eindruck eines Trompe-l’œil oder einer Täuschung entstünde. Vielmehr wird hier ein bekannter Raum getarnt und die Verkleidung bleibt jederzeit erkennbar. Die Wände der Galerie wurden dafür mit gefärbtem Stoff verhängt, der gleichzeitig als Bildträger dient. Auf einzelnen Wänden sind dunkle rechteckige Flächen zu erkennen, die wie Umrissabdrücke abwesender Bilder wirken, so als wäre hier eine lange bestehende Ausstellung deinstalliert worden.

„Ich verwende Textilien, um Räume zu schaffen, in denen man so tun kann, als sei man einem anderen Ort.“ (Ulla von Brandenburg in einem Interview mit Merel van Tilburg, 2018, Ausstellungskatalog Musée Jenisch,Vevey)

Begehbare Stoffinstallationen spielen eine zentrale Rolle in Ulla von Brandenburgs Werk. Häufig sind zahlreiche Stoffbahnen wie Vorhänge zu bühnenhaften Kulissen zusätzlich mit Requisiten wie Taue, Angelrouten, Bänder oder Fundstücken arrangiert, die der Besucher aktiv durchschreitet. Neben der Materialität von Textil, das sich als äußerst flexibel auszeichnet – es ist überall einsetzbar, falt- und leicht transportierbar – interessiert Ulla von Brandenburg die kulturhistorische Rolle, die Textilien seit jeher einnehmen und die Geschichten, die sie in sich tragen.

Als mental begehbare Stoffinstallation kommt ihre zehnminütige filmische Arbeit C,Ü,I,T,H,E,A,K,O,G,N,B,D,F,R,M,P,L (2017) daher: Unendlich scheint die Aufeinanderfolge von unterschiedlich-gemusterten Stoffen verschiedener Textur – monochrome Flächen in dunkel oder schillernd leuchtenden Farben, wechseln sich ab mit grafischen und floralen Mustern, Figuration, Landschaft und Stickerei.
Die gezeigten Textilien gehören zu historischen Röcken und Kleidern aus der Sammlung der Künstlerin. Sie erinnern an Vorhänge, die ohne sichtbaren Eingriff sich im Wechsel nach links und rechts öffnen und so den Blick auf einen weiteren dahinter liegenden Vorhang offenbaren.
Die zeitlichen Ebenen der erlebten Geschichten jedes einzelnen Kleidungsstückes, aber auch die Überschreibungen durch das heutige Tragen spielen eine zentrale Rolle in dieser filmischen Arbeit.
Parallel zum Bild sind u.a. von der Künstlerin gesungene Buchstaben zu hören, die sich auf die letzten Verse des ins Deutsche übersetzte Gedichts Gespräch mit einem Stein (1962) von der polnischen Lyrikerin Wisława Szymborska beziehen:

Ich klopfe an die Tür des Steins.
Ich bin’s, mach auf.
Ich hab keine Tür, sagt der Stein.
Ich klopfe an die Haustür des Steins. Es ist nur ich, lass mich rein.
Ich habe keine Tür, sagt der Stein

Die zu hörenden Stimmen und die anhaltende Mantra ähnliche Wiederholung erzeugen eine ungewöhnlich vibrierende Klangfarbe.

Der Titel der filmischen Arbeit C,Ü,I,T,H,E,A,K,O,G,N,B,D,F,R,M,P,L ist zeitgleich auch aktueller Ausstellungstitel und bezieht sich metaphorisch auf die Szenerie des Ausstellungsraums.

Für ihre Papierarbeiten verwendet Ulla von Brandenburg seit geraumer Zeit die Rückseiten alter Plakate oder Landkarten, die sie wie zu einem Patchwork mit unregelmäßigem Raster zusammenfügt. Die Aquarelle entstehen oftmals als Vorstudien für ihre filmischen Arbeiten und bilden so die zentralen Themen ihres Œuvres ab: Spiritismus, Tanz, Zirkus, Theater, Kostüm, Unterwasserwelt.
Aus der Auseinandersetzung mit Fanny Jenisch (1801–1881) für ihre Einzelausstellung 2018 im Musée Jenisch in Vevey, die sich erstmals nur auf von Brandenburgs Zeichenwerk bezog, sind eine Reihe von Porträts starker historischer Frauen entstanden.

Mit großen musealen Einzelausstellungen u.a in der Secession Wien, im Kunstverein Hannover, im The Power Plant, Toronto; Kunsthal Arhus (2017), Musée Jenisch, Vevey und aktuell in der Whitechapel Gallery, London und dem Kunstmuseum Bonn sowie der Beteiligungen an zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen wie der Venedig Biennale (2009) oder der Sydney Biennale (2014), gehört Ulla von Brandeburg mittlerweile zu den international beachteten, diskursprägenden Positionen ihrer Generation.
2019 folgt eine Einzelausstellung im Contemporary Arts Center New Orleans sowie 2020 im Palais de Tokyo, Paris.
Werke der Künstlerin sind u.a. in folgenden öffentlichen Sammlungen vertreten: Tate Modern, London; Centre Pompidou, Paris; Hamburger Kunsthalle, The Israel Museum, Jerusalem.